Klassiker der tschechischen Literatur:
Josef Váchal (1884–1969) war ein eigenwilliger Graphiker, Maler, Schnitzer, Schriftsteller und Drucker. Der gelernte Buchbinder trat vor allem als Autor kunstvoller Bücher in Erscheinung. Die Bücher verstand er als eigenständige künstlerische Artefakte und stellte sie komplett selbst her: vom Manuskript, über den Satz mit selbstgefertigten Lettern und eigenen Holzschnitten bis hin zum Einband. Seine Bücher gab er auf handgeschöpftem Papier in Kleinstauflagen von einem bis zwanzig Exemplaren heraus. Außerdem befasste er sich mit Grafik, Malerei und der Dekoration von Keramik und Möbeln. Sein unvergleichliches Werk orientierte sich an der barocken Buchherstellung, an Bänkelliedern und blutrünstigen Kolportageromanen einerseits, an östlicher Religion und Philosophie, Theologie und Satanologie andererseits.
Wenige Tage vor seinem Tod wurde Váchal, der die Zeit des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung sowie die folgenden Jahre des Stalinismus in einem kleinen Dorf fernab der Hauptstadt Prag überstanden hatte, mit der Verleihung des Titels „verdienter Künstler” von der tschechoslowakischen Regierung für sein Lebenswerk geehrt. Einer größeren Öffentlichkeit wurde sein Werk erst nach der politischen Wende von 1989 bekannt.
Auf Deutsch erschienen:
Der blutige Roman - Versuch um den Typus des idealen Schundromans. Roman, übers. von Ondřej Cikán, Kētos-Verlag 2019, (tsch. Originaltitel: Krvavý román: studie kulturně a literárně historická)
Josef Váchal: Büste in Prášily, Foto: Fredy.00 (Ausschnitt)